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Prospekte noch im Rennen

Whitepaper stellt Stärken von gedruckter Haushaltswerbung heraus – Hybride Nutzung ist Standard

Der gedruckte Prospekt spielt weiterhin die zentrale Rolle in der Kommunikation des Handels, wie ein aktuelles Whitepaper anhand von Studienergebnissen belegen will. Die Faktensammlung soll verunsicherte Handelsentscheider beruhigen und dem Auftrieb der digitalen Einkaufsinformationen etwas entgegensetzen.

In jüngster Zeit ist einiges eingepras­ selt auf den guten alten Prospekt. Obi und Rewe haben ihm den Rücken ge­ kehrt und damit auch die Diskussion um die angeblich geringe Nachhaltig­ keit dieses Werbemediums befeuert. Gerade zeigt auch Fressnapf dem Wo­ chenfolder die rote Karte. Die Krefel­ der stellen ihre Angebotskommunika­ tion auf die Digital-App um. Zudem haben das Aus von „Einkauf aktuell“ (Jz 10-24), steigende Zustellkosten und der Auftrieb von Händler-Apps sowie Online-Prospektportalen den Klassiker der Handelskommunikation weiter in die Defensive gebracht. In dieser Lage legen nun die Haushalts­ werbespezialisten Engel AG und Egro Mediengruppe das Whitepaper „Die Kraft des Gedruckten“ vor, mit dem sie den Handel in seiner Entscheidung pro Print-Prospekt bestärken wollen. Das Whitepaper soll „zumindest eine Zeit lang zum Nachschlagewerk rund um das Thema Print-Prospekt wer­ den“, wie es Markus Engel, Vorstands­ chef der Engel AG, ausdrückt.

Zu diesem Zweck hat der unabhän­ gige Markt- und Medienforscher Dirk Engel im Auftrag der beiden Herausge­ ber eine Faktensammlung erstellt, die Erkenntnisse aus mehreren bereits ver­ öffentlichten Untersuchungen enthält, darunter den Prospektmonitor von IFH Media Analytics, der Markt-Media­ Studie „Best for Planning“ sowie weite­ ren Publikationen des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und des Bundesverbands kos­ tenloser Wochenzeitungen (BVDA). Besonders ist die Faktensammlung aber auch, weil sie hauptsächlich die Perspektive der Konsumenten . ein­ nimmt. ,,Wir glauben, dass die Ent­ scheider leider allzu oft in ihrer eige­ nen Welt denken und den Blick aus Konsumentensicht zu wenig berück­ sichtigen“, findet Markus Engel und will diesen Leuten „die Augen öffnen“. Geht es nach Marktforscher Dirk Engel, dann ist es an der Zeit, ,,Mythen und falsche Vorstellungen“ zum Prospekt geradezurücken und dessen viel­ seitige Einsatzmöglichkeiten herauszu­ arbeiten. Zu den Vorbehalten zählt er die auch unter Werbern verbreitete An­ sicht, dass Prospekte „unkreativ, um­ ständlich, altmodisch, umweltschädi­ gend, papierverschwendend und digi­ talen Kanälen unterlegen“ seien.
Dabei werden die gedruckten Pro­ spekte von den Verbrauchern in Deutschland weiterhin am häufigsten genutzt, um sich über Angebote zu in­ formieren. Das geht aus einer gerade veröffentlichten Analyse des For­ schungsinstituts IFH Media Analytics in Zusammenarbeit mit Media Central hervor. Demnach geben 66 Prozent der Verbraucher an, wöchentlich gedruckte Prospekte im Lebensmitteleinzelhan­ del (LEH) zu nutzen. Für die repräsen­ tative Online-Umfrage haben die Part­ ner nach eigenen Angaben rund 1000 Konsumenten befragt. Weitere Ergeb­ nisse der halbjährlich erscheinenden Untersuchung: Im Segment Baumärkte sind es 62 Prozent, die gedruckte Handzettel nutzen – auch wenn Obi, die Nummer zwei iin Markt, schon kei­ ne Print-Prospekte mehr verteilt. In Elektrofachmärkten sind es 59 Pro­ zent, in Möbelhäusern 63 Prozent und bei Nonfood-Discountern 55 Prozent. Ein weiterer Schwerpunkt der Unter­ suchung liegt auf der Unterscheidung zwischen Stamm- und Wechselkäu­ fern. Vor allem in den FMCG-Branchen Lebensmittel (63 Prozent) und Droge­ rie (64 Prozent) bezeichnen sich die Kunden laut der Studie überwiegend als loyal. Im Gegensatz dazu dominier­ ten Wechselkäufer in den Getränke­ märkten (62 Prozent) und bei Non­ food-Discountern (74 Prozent). Bei Möbel- und Einrichtungshäusern (77 Prozent) sowie in den Bereichen Sport, Fashion und Elektro sind es ebenfalls jeweils 74 Prozent.

Kritisch beurteilt wird die gedruckte Angebotskommuikation des Handels laut Dirk Engel auch in der Bevölke­ rung, etwa bei jenen, die einen „Bitte­ keine-Werbung“-Aufkleber an ihrem Briefkasten haben. Für den Forscher ist das allerdings nur eine Minderheit:
,,Die ist eher jung, wohlhabend, gut ge­ bildet und urban – genau die soziale Gruppe, aus der auch viele Entscheider, Berater und Kreative aus der Werbung kommen.“ Die Mehrheit der Bevölke­rung aber nutze das Print-Prospekt nicht nur, sondern wertschätze es auch, gergänzt Dirk Engel und verweist auf Ergebnisse aus zwei Studien: So habe der jüngste Prospektmonitor ermittelt, dass etwa 46 Prozent der Bevölkerung wöchentlich Prospekte lesen, die An­ zeigenblättern beiliegen, und 40 Pro­ zent nutzen direkt verteilte Haushalts­ werbung. Dfe digitalen Pendants, also Online-Prospekte über Apps und Pro­ spekt-Websites, liegen mit 20 bezie- • hungsweise 17 Prozent deutlich dahin­ ter. Zudem findet es Marktforscher be­ merkenswert, dass laut Best for Plan­ ning selbst die Mehrzahl der Nutzer von Kaufda und MeinProspekt auch in Prospekten und Flyern nach Schnäpp­ chen suchen. So antwortete jeweils fast ein Drittel beider App-Nutzer auf die Frage, was sie mit Werbebriefen und
-prospekten machen, die sie in ihrem Briefkasten finden: ,,Ich lese sie.“ Wei­tere 49 Prozent geben an, manche zu lesen, andere nicht.

Diese Zahlen belegen, so Dirk En­ gel, dass die meisten Deutschen ge­ druckte wie digitale Prospekte lesen, womit auch das Vorurteil entkräftet sei, dass digitale • Einkaufsinformationen die Angebotsprospekte verdrängen. Laut Engel werden die gedruckten Werbeinformationen auch in den nächsten Jahren nicht verschwinden, trotz wachsender Nutzung für die digi­ talen Kanäle und der Bemühungen der Händler, ihre eigenen Kunden-Apps zu vermarkten. ,,Für die Mehrheit der Konsumenten haben Print-Prospekte einen hohen Nutzwert, der den von di­ gitalen Angeboten ergänzt, aber nicht einfach ersetzt werden kann.“ Zusam­men mit vielen anderen Befunden über Treiber und Barrieren des gedruckten Prospekts kommt Dirk Engel zu dem Schluss, dass die gedruckte Angebots­werbung „kein Auslaufmodell, sondern ein wichtiger Knotenpunkt im Netz der Kommunikationskanäle“ sei.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die hybride Nutzung zeigt, wie relevant die digitale Angebotskom­ munikation für viele Verbraucher in­ zwischen ist. Der wachsende Zu­ spruch für Prospekt-Portale oder Händler-Apps zeigt außerdem, dass sich die Nutzung der Angebotswer­ bung zugunsten der digitalen Kanäle verschiebt. Könnte daher bald ein Kipp-Punkt erreicht sein, ab dem sich die physische Verteilung von Prospekten oder Beilagen nicht mehr lohnt oder nicht mehr nötig ist? Auf diese Frage gibt Engel-AG­ Chef Markus Engel eine gelassene Antwort: ,,Es ist erkennbar, dass die digitale Nutzung leicht ansteigt und Print weniger wird, aber kaum spür­ bar. Irgendwann wird es einen Kipp­ Punkt geben, aber das aktuelle digi­ tale Angebot wird diesen nicht aus­ lösen.“ Für den Unternehmenslen­ker ist es vielmehr so, dass Prospek­ te weiterhin fest in den Alltag der Konsumenten und damit auch in der
„Mitte der Gesellschaft“ verankert sind. Und Forscher Dirk Engel sieht ein Kipp-Punkt erst dann kommen, wenn mehrere Faktoren zusammen­ wirken. So müssten noch mehr Händler ihre Prospekte reduzieren, weil die Kosten weiter steigen und der Druck aus der Politik und der öf­fentlichen Meinung zunimmt. Zu­ dem müssten die Kunden-Apps ,,deutlich benutzerfreundlicher“ werden und die Konjunkturlage sich so verbessern, dass das Thema Spa­ ren und Sonderangebote unwichti­ ger werde. Da es danach gegenwärtig nicht aussieht und sich die Gewohn­heiten der Menschen nicht so schnell ändern, bleibt die Nutzung von Print-Prospekten hoch, prophe­zeit Dirk Engel.

Mit Blick auf die Transformation von Print- zu Online-Angebotswer­ bung geht er deshalb von einer ,,schleichenden Entwicklung aus, die noch Jahre, wenn nicht Jahr­ zehnte dauern wird“. Und in der Übergangsphase können auch Print­ Prospekte noch Pluspunkte sam­meln. Zum Beispiel, indem sie in­ haltlich und gestalterisch an­ spruchsvoller werden. Engel-AG­ Chef Markus Engel fordert von der Gattung indes mehr Anstrengungen mit Blick auf die Nachhaltigkeit.
„Papierhersteller und Druckereien tun gut daran, sich weiter zu entwi­ckeln.“ Während es beim Einsatz von Papier einen fast geschlossenen Kreislauf gebe, sei vor allem bei den Druckfarben in Sachen Nachhaltig­ keit „noch Lu.ft nach oben“. Glei­ches gilt für die Verlängerung der Angebotskommunikation vom Print-Prospekt in die digitale Welt; hier sieht der Unternehmenschef die Kreativagenturen gefordert. Zu­ dem fordert er nationale Standards beim Thema Planung, Qualität, Da­ tenvorhaltung und Logistik, um mehr C02 und Zeit zu sparen.

Guido Schneider/lz 21-24

Quelle: Lebensmittel Zeitung

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